Vom Fallschirm zum Gleitschirm

 

Der Fallschirm entwickelte sich nach dem 2. Weltkrieg zum Sportgerät. Die schlechte Steuerbarkeit sowie die hohen Sinkgeschwindigkeiten konnten jedoch erst im Jahre 1964 verbessert werden, nachdem Domina Jalbert durch die Erfindung des Flächenschirms aus einem Segeltuch ein Flügelprofil nachbildete. Dieser Schirm wurde zunächst aber nur für Absprünge aus dem Flugzeug eingesetzt.

 

Das Gleitschirmfliegen begann 1965 mit dem Sailwing von David Barish. Dieser bezeichnete diese neue Sportart als Slope Soaring (wörtl. Hangfliegen), stieß damit aber nur auf geringe Resonanz. Die Entwicklung des Gleitsegelns wurde unter Verwendung von geeigneten Flächenfallschirmen vorübergehend als Spezialdisziplin des Fallschirmsports fortgesetzt.

 

Im Jahre 1974 wurde duch den Amerikaner Dan Poynter erstmals die Möglichkeit beschrieben einen Bergstart mit einem Flächenschirm durchzuführen. Diese von ihm als Parasailing bezeichnete Flugart beschrieb er in einem Lehrbuch. So waren es in den nächsten Jahren hauptsächlich Fallschirmspringer, welche sich durch einen Bergstart das Geld für das Flugzeug sparten. Wanderer entdeckten die Möglichkeit, den mühsamen Abstieg zu umgehen und entwickelten auf diese Weise den sog. Bergschirm, welcher vor allem unter Extrembergsteigern begeisterte Anhänger fand. Bei diesem so genannten Bergfliegen erfolgten die Starts, wegen der geringen Gleitleistung der verwendeten Flächenfallschirme, vornehmlich in steilem Gelände, wie der Skiabfahrt in Kitzbühel oder vom Tegelberg. Bereits 1977 wurde mit Flächenschirmen vom Säntis in der Ostschweiz (2502 m) gestartet und im nahegelegenen Wildhaus (1100 m) gelandet.

 

Im Jahre 1985 kam es zum Durchbruch als in in Frankreich das Gleitschirmfliegen immer populärer und die ersten Gleitschirme aus luftdichtem, steifem Segeltuch entwickelt wurden - Gleitzahl 3 und minimales Sinken von 2,5 m/s wurden erreicht. In Deutschland wurde das Gleitschirmfliegen 1987 gesetzlich erlaubt. Die Entwicklung setzte sich rassant fort, so dass man Ende 1987 bereits bei einer Gleitzahl von 4 und einem minimalen Sinken von 2 m/s angelangt war. Es war bereits möglich mit den Fluggeräten Thermik zu nutzen - die längste Flugzeit betrug über 6 Stunden. Durch einen erneuten Leistungsschub und neue Ideen wurde 1988 die Gleitzahl 5 mit einem minimalen Sinken von 1,6-1,8 m/s erreicht. Pierre Bouilloux gelang ein 40 Km Dreiecksflug.

 

Neben Rekordmeldungen häuften sich leider auch Meldungen über Unfälle. Dies war zum einen auf die wachsende Anzahl an Piloten aber auch auf die Leistungssteigerung der Gleitschirme zurückzuführen. So ging die Steigerung der Leistungsfähigkeit oft zu Lasten der Sicherheit. Im September 1988 wurde daher die Erforderlichkeit eines Flugscheins eingeführt.

 

Heute wird die Sicherheit im Gleitschirmsport großgeschrieben. In Deutschland ist der Deutsche Hängegleiterverband (DHV), welcher bereits im Jahre 1979 durch engagierte Drachenflieger gegründet wurde und 1987 den Gleitschirmsport aufnahm, als Beauftragter des Luftfahrtbundesamtes für behördliche Aufgaben im Bereich der Ausbildung, der Geländezulassung sowie als TÜV für den Test und die Zulassung der Fluggeräte zuständig. Er erteilt Flugschulerlaubnisse, bildet Fluglehrer aus, nimmt die Prüfungen für die Luftfahrerscheine ab und lässt die Fluggelände zu. Außerdem prüft er Gleitschirme, Gurtzeuge und Rettungsgeräte. Diese Geräteprüfung, das DHV-Gütesiegel, ist in Deutschland Pflicht und weltweit als Standard für Gerätesicherheit anerkannt. Festigkeitsprüfungen und Flugtests sind Bestandteil des DHV-Gütesiegels. Dank dieser strengen Qualitätsnorm und der vom DHV geregelten Pilotenausbildung gehört das Gleitschirmfliegen heute zu den sichersten Luftsportarten. Inzwischen hat der DHV über 32.000 Mitglieder. Das Gleitschirmfliegen ist zum Breitensport geworden.