In der letzten Februarwoche sind Gerlind und ich - bereits zum zweiten Mal nach 1999 - nach Andalusien gereist. Es gibt Vieles, was uns an Andalusien - speziell an La Herradura bei Almunecar - besonders reizt. Als Erstes, na klar, das Wetter mit dem wir nun bereits zum zweiten Mal Glück hatten. Als Zweites das schöne Apartment, das wir dort bewohnten - angeblich ist das “Casa Julia” das einzige Haus mit Fußbodenheizung an der Costa del Sol. Die haben wir dieses Jahr - im Gegensatz zu 1999 - allerdings nicht gebraucht. Die Apartments liegen ca. 100 Meter über dem Meer mit Blick auf das selbige und haben einen West-Balkon, auf dem wir jedem Morgen frühstückten konnten. Zu Beginn des Frühstücks ist es noch recht frisch, der Balkon liegt noch im Schatten. Aber während wir das warme, getoastete Brot und den heißen Kaffee genießen steigt die Sonne über den Dachfirst und wärmt uns zunehmend. Andalusien liegt eine ganze Ecke weiter westlich als Konstanz aber in der gleichen Zeitzone. Daher geht die Sonne später auf und später unter - die Thermik setzt ebenfalls später ein: Du kannst ausschlafen! Auch ganz angenehm im Urlaub. Der Startplatz von La Herradura ist ca. 1,5 km entfernt, beim Soaring führt der Flug über den Bergrücken, auf dem das Appartement liegt.
Als Drittes sind die Fluggebiete ganz reizvoll und gut erschlossen. Ich habe nicht so große Erfahrung mit Fluggebieten im südlichen Ausland - aber ich schätze die Fluggebiete bei Almunecar/Granada nicht als besonders heikel ein. Es gibt natürlich keine Almwiesen und ebene Wiesen im Tal - aber Notlandeplätze allemal: in der Regel ein trockenes Flußbett.
Viertens finde ich die Zeit Ende Februar/Anfang März ideal: In Andalusien kann man bereits passabel fliegen, in Deutschland ist noch Mistwetter mit viel “Flotsch” auf den Straßen. Du kommst bereits fliegerisch trainiert zum Start der Gleitschirmsaison zurück.
Nicht zuletzt ist Davor, der Flugbetreuer, sehr kompetent. Er hat immer die richtige Fluggebietswahl für den vorherrschenden Wind getroffen. Für mich persönlich “bemuttert” er zuviel – wahrscheinlich ist er die typischen, “entscheidungsschwachen” deutschen Flachlandflieger gewohnt. Mich verunsichert er damit - ich werden das nächstes Mal weniger Rücksicht auf seine “Empfehlungen” nehmen. Für weniger Flugerfahrene bzw. Anfänger aber auch Gerlind (die ihn nebenbei bemerkt auch noch unverschämt nett findet) ist er ideal: besser als viele Fluglehrer bei uns hilft er seinen Gästen mit Rat und Tat.
Nun zu unserer Reise: Wir fahren Sonntag, dem 20. Februar 2000 nach Stuttgart und stellen das Auto bei Martin Waldmann ab. Unser langjähriger Flugkamerad Martin fährt uns freundlicherweise zum Flugplatz. Das Flugzeug fliegt um 16:40 - Ankunft in Malaga ist um 19:30 Uhr. In Malaga bin ich zuerst genervt, daß es am Mietwagenschalter etwas dauert. Aber zur Belohnung bekommen wir statt eines Opel Corsa einen größeren Renault Clio ohne Mehrkosten, da kein Corsa mehr da ist. Um 21:00 Uhr sind wir dann in La Herradura, Davor empfängt uns bereits vor der Tür.
Am nächsten Tag, Montag, geht es bereits zum Fliegen nach Orgivar. Orgivar liegt Richtung Granada, auf dem halben Weg rechts ab am Südhang der Sierra Nevada. Außer uns waren noch Ralf aus Dortmund und Petra aus Bayern in Davors Gruppe. Die beiden sind seit längerem befreundet und haben zusammen mit dem Gleitschirm fliegen angefangen. Petra hat im Herbst die Prüfung gemacht und ist seitdem nicht mehr geflogen. Wir haben eine schöne, stabile Hochdruckwetterlage mit einer hohen Inversion wie fast die ganze Woche. Schön warm und trocken - aber nicht gerade ideal zum Fliegen. Aber wenigstens gut fliegbar.
Wir fahren mit zwei Autos zum Weststartplatz auf 1550 Meter Höhe. Alle starten und landen nach 25 Minuten 5,7 km (Ralf hat ein GPS-Empfänger) weiter in einem ausgetrockneten Flußbett. Davor fährt ein Auto wieder herunter. Mittlerweile zieht eine kleine Wolkenbank Richtung Startplatz hoch. Davor meint, das passiert hier öfters am Nachmittag. Petra bleibt unten am Startplatz, die anderen fahren wieder hoch. Davor und Gerlind fahren die Autos herunter und Ralf und ich starten gerade noch über die Wolkenbank zu einem 2. Flug, einem 15-minütigen Sinker. Gerlind hat derweil ihren Spaß auf der andalusischen Berg-schotterpiste.
Dienstag ist “Soaringwetter”, daß heißt, es weht ein ordentlicher Südwest. Ich starte gegen halb zwölf am Startplatz in La Herradura in ca. 70 Meter Höhe. Ich erreiche maximal 250 Meter, teilweise begleitet mich Davor. Petra, Gerlind und Ralf starten nicht, ihnen ist der Wind zu stark. Er läßt mit der Zeit nach. Ich habe leider kein Funkgerät mit, um Bescheid zu sagen, daß es fantastisch fliegt und der Wind schwächer wird. Ralf, Petra und auch Gerlind verlustieren sich am Strand mit Aufziehübungen. Ich starte noch mal um zwanzig nach vier und fliege über eine Stunde. Der Wind ist deutlich schwächer, ich komme nur noch auf 175 Meter.
Am nächsten Tag fahren wir nach Granada. Das Fluggebiet heißt “Cenes de la Vega”. Der Weststartplatz liegt auf 1230 Meter Höhe. Ich starte um 14:00 Uhr. Es ist sehr stabil, ich kann nur gut 150 Meter überhöhen und stehe nach 20 Minuten wieder auf dem Boden. Für den 2. Flug warte ich zu lange auf “bessere” Bedingungen. Um 17:00 Uhr bleibt mir nichts anderes übrig als die 550 Höhenmeter abzufliegen. Gerlind macht an diesem Tag ebenfalls 2 Flüge. Wir sind beileibe nicht alleine in dem Fluggebiet, es gibt eine Rotte Holländer. Eine Holländerin peilt es nicht so recht und torkelt beim Start über Gerlinds Schirm. Sie bleibt mit ihrem Schuh an einer Leine hängen und beschädigt die Außenhülle der Leine. Gerlind ist begeistert ; Anmerkung der Geschädigten: Wenn die blöd Kuh nicht lenken kann, soll se wenigstens hakenfreie Schuhe tragen!
Der offizielle Landeplatz in Cenes ist eigentlich eine freie Fläche auf einer Bauschutt- und Sperrmüllkippe, pardon, Entsorgungsfläche, ca. 50 bis ca.150 Meter groß. Ringsum geht es einige Meter ’runter. Davor weist uns wohlweislich an, auf einer ca. 200 mal 400 großen Fläche zu landen, die mit einer kleeartigen Pflanze bewachsen ist. Sie gehört einem Bauern, mit dem über eine Nutzung für Gleitschirmflieger noch verhandelt wird. Petra schafft es, diese mindestens 8 Hektar große Fläche zu verfehlen und ihren Nova in einen angrenzenden Schrebergarten zu steuern! Aber sie lernt dank Davors Hilfe das Landen noch ganz gut.
Ich nehme an, daß Davor aufgrund Petras gezeigter Flugkünste am nächsten Tag wieder Cenes ansteuert. Der inoffizielle Landeplatz dort ist mit Abstand der größte und leichteste in der Gegend (die Olivenbucht wird leider bebaut). Es wird ein guter Tag - für mich. Ich starte um 13:10, 13:50 und 17:00 Uhr, fliege 15, 25, und 35 Minuten, lande jeweils Top und fahre abends ein Auto wieder herunter. An der Küste weht Ostwind, hier ein West-Nordwest. Ich habe beim 2. Flug 6 m Steigen unter einer Wolke. Die Basis liegt ca. 100 Meter über mir auf 1800...1850. Selbst nach 17:00 Uhr komme ich noch auf über 1500 Meter also fast 200 Meter über Startplatzniveau.
Am Freitag, dem 25.2. fahren wir wieder nach Cenes. Ich starte erst um 14:30, doch das ist zu früh, da Cirren die Sonne etwas abschirmen. Ich stehe eine viertel Stunde später wieder am Boden. Um 16:10 sind die Cirren durchgezogen, ich fliege 35 Minuten und kann 400 Meter überhöhen. Ich lande wieder Top und kann um 17:35 abfliegen, da Gerlind diesmal das Auto herunterfährt. Auch Gerlind macht heute neben einem Sinker (wegen der Cirren) einen Thermik-flug und ist zufrieden!
An unserem letzten Flugtag fahren wir wieder in das Fluggebiet, in dem wir am Montag, dem ersten Flugtag waren: Orgivar. Wegen der stabilen Hochdrucklage fahren wir diesmal mit dem Auto auf den oberen Startplatz unterhalb Alegas auf 2100 Meter Höhe. Es erwartet uns ein Höhenunterschied von 1750 Metern, nicht schlecht! Hier oben weht ein Ostwind, unten im Tal hat es Westwind. Ich habe teilweise einen unruhigen Flug, die Thermik “blubbert”. Ein Schlauch auf etwa halber Höhe bringt mir ca. 150 m Höhengewinn bei ordentlichem Ostversatz. Trotzdem dauert der Flug nur 30 Minuten. Einige vor mir Gestartete können sich nach dem Start deutlich länger halten, einer fliegt besonders clever, ich schätze, er fliegt bestimmt eine Stunde. Ich hatte etwas gepokert und bin als letzter unserer und einer anderen Gruppe gestartet. Als ich abfliege, fahren Gerlind, Davor und Ralf gerade wieder hoch. Gerlind und Ralf machen daher einen zweiten Flug. Petra und ich müssen am Landeplatz auf die beiden warten. Die direkte Entfernung ab oberen Startplatz zum Landeplatz ist übrigens 8,5 km, fast schon ein Streckenflug - der Landeplatz ist vom Startplatz nicht einsehbar, was Petra etwas Sorge gemacht hat.
Ich weiß, ein Christian Schneider hätte in dieser Woche mindestens die dreifache Flugzeit herausgeholt. Aber ich bin halt ein Genußflieger und liebe die Abwechslung.
Unser Rückflug geht am nächsten Tag, dem Sonntag, 27. Februar, ab Malaga um 20:25 Uhr. Das ist sehr angenehm, wir können ausschlafen, in Ruhe packen, zum Flugplatz fahren, tanken und das Auto abgeben. Ich weiß, ein Christian Schneider wäre noch mal fliegen gegangen. Wir sind um 23:00 Uhr in Stuttgart, nehmen ein Taxi zu unserem Auto bei Martin. Um 1:15 Uhr sind wir wieder im ungemütlichen Konstanz.
Für 2001 steht die Gleitschirmreise nach Andalusien wieder in unserem Kalender!
Torsten
P.S.: Unser nächster Flug wird 14 Tage später ein Flug im verschneiten Lenzerheide vom Rothorn sein.
Einige Daten zur Reise:
Die Woche hat jeden von uns 1280,- DM gekostet für Flug, Mietwagen, Appartement (einschließlich Hauskatze) und Flugbetreuung. Wir flogen mit Hapag Lloyd, einer der sichersten Fluglinien. Wir hatten 20 kg Freigepäck, weitere 30 kg “Sportgepäck” waren ebenfalls frei. Das Sportgepäck muß man unbedingt vorher anmelden und sich bestätigen lassen, sonst kann es beim Einchecken Schwierigkeiten geben. Parken in Stuttgart hätte die Woche 75,- bis 90,- DM in der Woche gekostet, je nach Entfernung des Parkplatzes zum Abfertigungsgebäude. Das Taxi hat uns ca. 35,- DM gekostet. Beide Richtungen mit dem Taxi lohnt sich also nicht. Außerdem hatten wir diverse Versicherungen abgeschlossen, die Anträge hatte das Reisebüro “Albatros” gleich mitgeschickt.
Koordinaten einiger Start- und Landeplätze für die GPSler:
Padre Eterno bei Orgivar:
Weststartplatz auf 1550:
N 36° 56,326 min
W 3° 23,642 min
Oststartplatz auf 2100:
N 36° 57,797 min
W 3° 23,602 min
(dies sind die Koordinaten des Platzes auf dem die Autos standen)
Cenes de la Vega bei Granada:
Start auf 1230 Meter:
N 37° 8,560 min
W 3° 31,171 min
Landung:
N 37° 9,352 min
W 3° 32,171 min