Gleitschirmfliegen ist wohl die unkomplizierteste, nicht aber unbedingt die einfachste Art zu Fliegen. Der Pilot sitzt dabei in einem Gurtzeug ähnlich einem Sessel und ist über Leinen mit der 6-10m über ihm schwebenden Kappe verbunden. Die Kappe ist etwa 10m breit, 2,5m lang und 1/2m dick (in den letzten Jahren immer dünner geworden), genäht aus Kunststoff (Segeltuch). Sie sieht aus wie ein richtiger Flügel und ist auch einer.

 

Wie teuer ist Gleitschirmfliegen?

Fliegen ist grundsätzlich kein ganz billiger Sport. Die Ausbildung bis zum fertig lizenzierten Piloten kostet je nach Begabung mindestens 700 €uro und kann nur bei gewerblichen Schulen durchgeführt werden.

 

Jeder Gleitschirmpilot besitzt in der Regel eine eigene Ausrüstung, die kostet neuwertig 2500-3000 Euro für die Kappe, 1000-2000 Euro für das Gurtzeug und Rettungsgerät und 200-500 Euro für Navigationsinstrumente und Kleidung. Die Gleitsegel sind raschen Alterungsprozessen unterworfen, es muss davon ausgegangen werden, dass ein Gleitsegel nach spätestens 400 Flugstunden unbrauchbar geworden ist. Alle zwei Jahre ist ein Check des Gleitschirms vorgeschrieben, welcher sich auf ca. 150 Euro beläuft. Aktivere Piloten fliegen durchaus 100 Stunden pro Jahr oder mehr bei 50-100 Flügen.

 

Wie startet man mit einem Gleitschirm?

Beim Gleitschirmfliegen wird nicht gesprungen. Das geht nämlich gar nicht. Zunächst steht der Pilot auf einer flachen (Windenstart) oder leicht geneigten (Bergstart) Wiese, die Leinen sind gespannt und die Kappe liegt hinter ihm auf dem Boden. Durch impulsives Loslaufen und Ziehen an den Leinen steigt die Kappe bis sie über dem Piloten steht, entfaltet sich dabei zu ihrer Flügelform. Nun läuft der Pilot noch schneller los und gibt etwa 30% Bremsklappe, um bei etwa 20 km/h abzuheben. Daran sieht man, dass etwa ein leicht geneigtes Startfeld von 50m Länge und 10m Breite ideal ist. Und dann schwebt man, vom Boden rasch viel weiter weg als jeder Apfelbaum hoch ist. Angst hat dann übrigens niemand mehr, jegliche Erfahrungen des Vorlebens sind jetzt nutzlos. Nur noch das leise Singen der Leinen ist zu hören. Der Fahrtwind dringt leicht durch den Helm.

 

Wie lange kann man mit einem Gleitschirm fliegen?

Solch ein Gleitschirm fliegt 20-50 km/h, ist also ein recht langsames Fluggerät. Trotzdem werden an guten Flugtagen von guten Piloten Strecken von 200km und mehr Länge erflogen. Piloten, die nur für Abendflüge Zeit haben, zählen lieber die Stunden und kommen regelmässig auf 1-2 Stunden pro Flugnachmittag/abend. Dazu sind natürlich Thermik oder dynamische Aufwinde nötig.

 

Ist Gleitschirmfliegen einfach?

Ja, weil sonst niemand dazu notwendig ist (bei Bergstart). Ja, weil keine unüberwindliche Bürokratie einem das Leben schwer macht. Wer die Fluglizenz besitzt, kann fast überall und jederzeit fliegen gehen (ausser in Deutschland, wo alles wieder eine Nummer komplizierter sein musste).

 

Nein, weil viel gelernt werden muss, bis wirklich richtig geflogen wird. Das dauert meistens 1-2 Jahre, bis ein Flugschüler so halbwegs lizenzreif ist. Und dann fehlen (Flug)Stunden, Stunden, Stunden. Und dann, irgendwann später ist es wieder einfach, weil nur noch geflogen wird und die Bergdohlen und Adler die besten Freunde geworden sind. Übrigens macht das Fliegen zusammen mit Bergdohlen immer Spass, weil sie stets besser sind und mit Adlern und Bussarden, weil es gut harmoniert (das will übrigens keiner der Jäger wahrhaben, die uns Lobbylosen in ihrem blinden Hass zu ihren Erzfeinden auserkoren haben).

 

Was hat ein Gleitschirmpilot alles dabei?

Zunächst natürlich seine Kappe, an der er mittels der vielen dünnen Leinen ("Garn") hängt. Keine Sorge: die Leinen sind zwar sehr dünn (1-2mm dick), halten aber etwa 100 kp und sind zahlreich (bis zu 50).

 

An den Leinen hängt das Gurtzeug, in dem, der Pilot sehr bequem sitzt. Bequem muss er auch sitzen, wenn er doch einige Stunden fliegen will. An der Seite, vor oder unter ihm ist ein Rettungsgerät versteckt, das ist in der Regel ein gewöhnlicher Rundkappen-Fallschirm, den er hoffentlich nie brauchen wird. Eben zur Reserve! Die Luft ist sehr kalt, vor allem im Winter, aber auch im Sommer, wenn die Flughöhe mitunter bis 4000m oder höher reicht. Deshalb ziehen sich alle vor dem Start warme Unterwäsche, Fliessjacken usw. unter dem vor dem Fahrtwind schützenden Overall an. Klar, dass auch die Hände und Füsse gut eingepackt werden müssen. Schliesslich wird ein Helm aufgezogen, manche haben gleich ein Visier angebaut und sehen dann aus wie Neal Armstrong.

 

Im Helm ist oft Mikrofon und Funk eingebaut, damit sich beim Fliegen niemand einsam vorkommt. Dann hat jeder Pilot eine mehr oder weniger grosse Batterie an Fluginstrumenten, die entweder am Gurtzeug oder am Bein mit Klettverschluss angebracht oder in einem Instrumentenpanel untergebracht sind. Navigiert wird zunächst nach Sicht, die Höhe und Höhenveränderung wird mit Höhenmesser und Variometer gemessen. Weiterhin haben viele Piloten noch ein GPS und einen Magnetkompass dabei. Beide helfen bei der Orientierung bei (eigentlich verbotenen, manchmal aber unbeabsichtigten) Wolkenflügen und zur Abschätzung der Reisegeschwindigkeit über Grund oder der Windstärke und -richtung in der Höhe. Fast alle haben noch einen Fotoapparat dabei um den Lieben zu Hause auch mal zu zeigen, wie die Dolomiten aus 4000m Höhe aussehen. Einige haben noch einen Barografen dabei und können bei Schlechtwetter ihre Flüge zu Hause am PC anschauen. Für den Notfall ist dann noch Funk, Notrakete und einiges weitere dabei. Die Landkarte wird bei Bedarf ans Bein geklettet. So eingepackt, ist jede Bewegung ein rechtes Gewurstel und jeder freut sich aufs Fliegen!

 

Wie wird ein Gleitschirm gelenkt?

Gelenkt und gesteuert wird über drei Methoden: Die erste ist über die Bremsklappen, die die Kappe langsamer fliegen lassen. Wird nur einseitig gebremst, wird eine Kurve geflogen. Die zweite Steuerungsmöglichkeit ist Gewichtsverlagerung durch Hineinlehnen in das Gurtzeug. Dadurch wird eine Flügelhälfte stärker belastet und das Gleitsegel gerät dabei in eine Kurve. Die Aerodynsamik eines Gleitsegel ist sehr kompliziert, theoretisch noch nicht annähernd richtig verstanden. Aber es funktioniert! Die dritte Steuerungsmöglichkeit ist die Profilverstellung, die dann vorgenommen wird, wenn besonders schnell geflogen werden soll. In der Praxis werden alle drei Methoden kombiniert und es lassen sich enge Kurven von etwa 50m Radius mit wenig Höhenverlust erfliegen.

 

Selbstverständlich kann ein Gleitschirm auch punktgenau gelandet werden, in der Prüfung sind Landungen innerhalb eines Kreises von 25m Durchmesser vorgeschrieben. Routinierte Piloten schaffen auch Punktlandungen auf Anhieb.

 

Flugschüler beginnen mit Sinkflügen (bei Bergstart) von 5-10min Dauer und landen mit Glück auf dem riesigen Landefeld, einem Kartoffelacker 1/2 km nebendran oder in einem Apfelbäumchen.

 

Was für Anforderungen werden an Gleitsegelpiloten gestellt?

Zunächst einmal muss das dreidimensionale Seh- und Einschätzungsvermögen für Entfernungen geschult werden, was die Ausbildung so lange macht. Ansonsten ist Sensibilität und Körperbeherrschung gefragt, um das Segel gut zu steuern. Fliegen ist ein Kopfsport, d.h. alles muss genauestens vorher durchdacht werden, auch in brenzligen Situationen. Die meisten Piloten sind deshalb eher ruhige, besonnene, feinfühlige Charaktere. Autorennsport ist vielleicht das, was dem Fliegen am ehesten nahe kommt von den Anforderungen an den Piloten. Wer ein guter Autofahrer ist, hat gute Voraussetzungen, auch ein guter Pilot zu werden, keinesfalls jedoch eine Garantie! Natürlich ist es auch keine unbedingte Voraussetzung, doch helfen Erfahrungen (sensomotorische Geschicklichkeit) in anderen Bereichen des Lebens auch beim Fliegen.

 

Ansonsten reicht normale Gesundheit zur Ausübung des Sports aus, ein bischen rennen muss man natürlich zum Starten. Auch das ständig Auf und Ab in der Luft ist anstrengend, oft geht es mit mehr als 5m/s in beide Richtungen. Da hilft fleissig Schlucken! Die Landung ist in der Regel total weich, die Aufsetzgeschwindigkeit ist nach vorne und runter 0m/s. Kann sein, dass die Füsse eingeschlafen sind, aber das macht nichts. Kann sein dass die Blase voll ist, das ist dann meist ein Notfall.

 

Ist Gleitschirmfliegen gefährlich?

Das ist es! Weil man viele Fehler machen kann. Also nur etwas für Perfektionisten, die versuchen immer fehlerloser zu werden. Unfälle enden meistens sehr schlimm, aber nicht alle tödlichen Unfälle waren Folge von Flugfehlern. Jedes Jahr sterben 0,3 Promille, aber wen interssiert die Statistik, wenn es ausgerechnet ihn betrifft. Die Rate ist vergleichbar mit anderen Flugsportarten.

 

Das ist es nicht! Die Fluggeräte sind sehr sicher geworden, technische Defekte extrem selten. Dazu haben über 25 Jahre Erfahrung von Verbänden und Herstellern beigetragen. Mindestens zu 90% sind die Piloten schuld und daran kann jeder etwas ändern, wenn er nur wollte.

 

Wie fliegt man Thermik?

Zunächst einmal muss man sie finden. Dazu braucht man eine Vermutung, wo sich am ehesten Warmluftpakete ablösen. Meist ist das bei Änderungen der Geländebeschaffenheit der Fall (Wald/Wiese oder Grate), doch ist auch immer eine gute Portion Glück nötig. Hat es nicht auf Anhieb geklappt, hat man oft einen zweiten oder dritten Versuch an anderer Stelle frei, der einen wieder zur Wolkenbasis zurückbringt oder man steht am Boden. Böse Zungen sagen, der dritte Schenkel von Dreiecksflügen würde meistens mit der Eisenbahn gemacht.

 

Karten, wo Thermik zu finden ist, gibt es nicht oder kaum. Jeder erarbeitet sich (mindestens noch zur Zeit) die Geländekenntnis selbst, was aber sehr reizvoll ist. Und hinterher beim Bier ist jeder entweder Käptn Kirk oder macht ein langes Gesicht.

 

Die Flugsaison kennt übrigens keine Schranken, das ganze Jahr über sind längere Flüge möglich. Am besten geeignet ist jedoch das Frühjahr.

 

Lust bekommen?

Dann buchen Sie doch einen Passagierflug (Biplaceflug) bei einem Piloten mit entsprechender Lizenz. Am besten gleich einen längeren Thermikflug, vielleicht darf auch schon gleich mal selber gelenkt werden. Näheres auch auf diesen Seiten unter "Tandemfliegen". 99% sind total begeistert, 50% fangen eine Ausbildung an aber nur 5% werden auch hinterher ambitionierte Piloten. Das Fliegen ist für viele Traum und Erfüllung, für einige sehr wenige aber auch Alptraum.

 

Das Fliegen ist zeitaufwendig und ist für viele mit langen Anfahrten verbunden. Nur wenige haben so viel Glück wie die Paraoten in Konstanz, die ihre in einer guten Stunde erreichbare Lieblings-Abendflugstrecke vielfach vom Bürofenster aus beschauen können!